Die Frauenbewegung hatte sich als neue soziale und politische Bewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts formiert. Ihre wesentlichen Forderungen umfassten das Recht auf Erwerbsarbeit, das Recht auf Bildung sowie das Wahlrecht für Frauen. Nach der Gründung des ersten Frauenbildungsvereins 1865 erlebte die Emanzipationsbewegung einen enormen Zulauf.
Auch in Preußen hatte die Frauenfrage in den seit den 1880er Jahren an Fahrt aufgenommen. In zahlreichen Petitionen an die Abgeordneten und das Kultusministerium wurde die Zulassung von Frauen an die Universitäten und die Reform des höheren Mädchenschulwesens sowie der Lehrerinnenausbildung gefordert.
Die Petitionskampagnen lösten heftige Debatten und starken öffentlichen Druck aus. Da staatliche Veränderungen zunächst ausblieben und die Einrichtung eines Mädchengymnasiums nicht möglich war, initiierte die Lehrerin und engagierte Frauenrechtlerin Helene Lange zunächst Realkurse für Frauen, die innerhalb von zwei Jahren zu einer allgemeinen Bildungsgrundlage für praktische Berufe und zur Schweizer Universität führen sollten.
Zunehmend drängten Frauen auf unterschiedlichen Wegen an die preußischen Universitäten. Dazu zählten nicht nur die Absolventinnen der Real- und später der Gymnasialkurse, die in immer mehr Städten durchgeführt wurden, sondern auch ausländische Studentinnen, darunter viele Russinnen. Mit ihrem Status als Hospitantinnen oder Gasthörerinnen konnten die Frauen zwar die erforderlichen Kurse besuchen, wurden aber z.B. zur ärztlichen Approbationsprüfung nicht zugelassen.
Die Kampagnen der Frauenbewegung zeigten Wirkung. Die öffentliche Meinung veränderte sich langsam zugunsten des Frauenstudiums. Auch das Kultusministerium beschäftigte sich intensiv mit der Frage des Frauenstudiums.
Nicht anders als heute wurden vor der Meinungsbildung im Ministerium unter Althoffs Federführung Gutachten der Universitätsprofessoren eingeholt. Der Widerstand gegen die Zulassung von Frauen war erheblich und sollte sich – wenn überhaupt - nur auf einige Fächer, die dem “Wesen der Frauen“ (z.B. Medizin , Lehramt)entsprechen, beschränken.
Immer wieder wurde auch die Sorge vor weiblicher Konkurrenz im Beruf geäußert und die Befürchtung laut, dass Frauen nach dem Zugang zum Staatsdienst auch das Wahlrecht einfordern könnten.
Althoff stand in engem Kontakt mit dem Mathematiker Felix Klein, einem der wenigen Befürworter des Frauenstudiums. Diesem gelang es bereits 1893 - in Abstimmung mit Althoff – anlässlich einer Reise in die Vereinigten Staaten Frauen für eine Promotion in Göttingen zu gewinnen. Althoff konnte auf diese und andere Erfahrungen mit Frauen als Studentinnen bzw. Promovendinnen zurückgreifen. Auch die Schweizer Behörden berichteten auf Nachfrage von positiven Erfahrungen bei gemeinsamen Seminaren von Frauen und Männern.
Die Rektoren fast aller preußischen Universitäten (mit Ausnahme des Breslauer Rektors) äußerten in einem Memorandum im Jahr 1904 die Befürchtung, dass die Zulassung von Frauen zur Immatrikulation einen zu starken Anstieg der Abiturientinnen zur Folge haben würde und damit das Wesen der Universitäten zerstört würde. Sie schlugen deshalb die Gründung einer Frauenuniversität vor.
Althoff stand diesem Vorschlag ablehnend gegenüber. Er hatte wesentliche Reformen in der Wissenschaftsorganisation herbeigeführt und sah offensichtlich spätestens jetzt den Zeitpunkt gekommen, Frauen den Weg in die Universitäten zu ebnen, sollte der Ruf preußischer Universitäten nicht beschädigt werden, denn die Zulassung von Frauen setze sich immer weiter durch.
Er bereitete einen Erlass vor, in dem die Immatrikulation von Abiturientinnen gefordert wurde, diesen legte Kultusminister Studt dem Staatsministerium vor. Professoren sollten allerdings mit ministerieller Genehmigung die Möglichkeit erhalten, Frauen „aus besonderen Gründen“ von ihren Seminaren ausschließen zu können. Althoff formulierte zwei Gründe für seinen Vorschlag: zum einen die Sorge vor Abwanderung von Studentinnen an die Universitäten in die süddeutschen Saaten und die Möglichkeit der Begrenzung von Gasthörerinnen aus dem Ausland.
Das Staatsministerium war nicht zu überzeugen. Vermutet wurde ein „Wuchern der Mädchengymnasien“ zulasten der maximal 10-klassigen höheren Mädchenschule, die für die Mehrzahl der Mädchen als ausreichend gesehen wurde. Ein weiteres schlagkräftiges Gegenargument war die von vielen geteilte Befürchtung, dass Frauen dann auch in die Beamtenlaufbahnen drängen könnten.
Das Ministerium ging aus diesen Gründen nicht auf die Vorschläge ein und forderte zunächst einen komplett ausgearbeiteten Plan über eine Mädchenschulreform.

Marianne Lauhof

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